Grußwort zum Ramadan

20.7.2012

Die Bedeutung des Ramadan

Mit dem heutigen Tage haben wir einen weiteren Ramadan erreicht. Ihn, diesen heiligen und segenreichen Zeitabschnitt  erreichen zu können galten die Bittgebete unseres Prophet n (s.a.w.), des ausersuchten Gesandten und Künders der Wahrheit sowie des Islam. Und so freuen wir uns auf die bevorstehende Zeit. Wir freuen uns, denn wir treten nun in eine Atmosphäre der Spiritualität, in der wieder gesprengt werden die Ketten, die uns zu Geiseln der Materie machen. Und gebändigt die Begierden, die den Menschen von seiner inneren Ruhe bringen, ihn abhalten von Tugend und Erfolg. In Ketten gelegt selbstherrliche und niedere Gefühle. Und somit dem Menschen ermöglicht aufzusteigen in einer geistig-spirituellen Ebene, in der er - schafft er es auch hier droben zu bleiben- gelangt zur Erhabenheit.

Und gilt das Bestreben des Islam nicht genau dem? Den Menschen zuzuführen der Erhabenheit? Die Wahrheit zu kennen, sie zu erkennen. Richtiges und nützliches Wissen zu erlangen, die Materie zu entdecken und den Kosmos. Vollkommen zu sein im Charakter und gewissenhaft zu handeln. Dass es nichts Übleres gibt, als Lüge und Verleumdung. Dass man nichts Übleres vorausschicken kann in das jenseitige Leben als dies. Gut zu sein uneigennützig. Ein Umgangsstil, der seine Nächsten nicht verletzt, sie nicht kränkt. Offen und ehrlich zu sein und nicht scheinheilig. Gedanken zu meiden, die zu Chaos und Unordnung führen und keine Behauptungen aufzustellen, die diskriminieren. Nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch an die anderen. Für Recht und Ordnung zu sorgen. Gleiches Recht walten zu lassen für alle. Hierbei abzuwägen mit Gerechtigkeit. Die Hingabe in den Gottesdiensten, die aufrichtigen Bittgebete, die Reumütigkeit nach der Abkehr von Sünden und Fehlern intensivst zu erleben sowie die Auswirkungen dieser Erlebnisse auf den Menschen. Und noch hunderte anderer Definitionen, Regeln, Ratschläge und Ermahnungen. Dient dies alles nicht dem, den Menschen  Würde und Erhabenheit zuzuführen?

Der Ramadan bietet uns nun wieder die Gelegenheit dieses und noch vieles andere mehr zu gewahren und damit in einer geistig-spirituellen Ebene aufzusteigen. Wir werden uns in diesem Monat, da der Koran offenbart wurde, wieder verstärkt seinem Wort und seiner Botschaft widmen, damit unsere Werte einer nochmaligen Überprüfung unterziehen und  eventuelle Fehler korrigierend uns zu läutern suchen. Wir werden nun auch insgesamt bemüht sein, uns unserer Verpflichtungen als Menschen wieder zu gewahren.

Ganz nach der Wortbedeutung von Ramadan wird der Fastenmonat, gleich „einem Herbstregen, der nach dem Sommer nieder geht und den Staub runterspült“, die Gläubigen von ihren Sünden läutern, diese wegspülen und damit ihre Herzen wieder reinigen. Und gleich den „Steinen, die durch die sengende Sonne aufgeheizt werden“ wird er ihre Sünden verbrennen, wie er auch die Füße verbrennt, die auf diesen heißen Steinen laufen.  

Das Fasten bzw. des Fastens bewusst zu sein wird die Muslime davon zurückhalten Fehler zu begehen bzw. dazu bewegen, von diesen abzulassen. Sie dadurch einer Erziehung, der Erziehung ihrer Triebe und Begierden unterziehen. Dies wiederum wird sie dazu anhalten, nicht nur ihre Gottesdienste gewissenhaft zu verrichten, sondern als Individuen auch in Tat und Wort aufrichtig, konsequent und tugendhaft zu sein. Als Gläubige eben diese Vollkommenheit zu erreichen.

Hält einen Gläubigen nicht mal das Fasten von Unaufrichtigkeit ab, von der Lüge und der Selbstherrlichkeit, und fürchtet er nicht mal im Zustand des Fastens die Anschuldigung und das Verleumden, so hält er zwar das Fasten ein, das Fasten ihn aber nicht zurück vor dem Übel. Unser Herr aber braucht das Hungern seiner Diener nicht. Hierauf wies uns unser Prophet (s.a.w.) unmissverständlich hin, als er in einem Hadith sagte: „Wer das Lügen nicht unterlässt, der sollte wissen, dass Allah seiner Enthaltung von Essen und Trinken keinen Wert beimisst.“

Das Fasten ist ein Dank für die zahlreichen Gaben unseres Herrn. Es ist nicht nur eine Erziehung seines Selbst, eine Kontrolle der Triebe, sondern gleichzeitig auch eine Gelegenheit, sich der Gaben des Schöpfers bewusst zu werden. Eine Gelegenheit, sich in die Lage seiner Mitmenschen zu versetzen, teilzunehmen aber auch und gerade teilnehmen zu lassen.

Der Ramadan ist uns alljährlich auch eine Gelegenheit, mit unseren Geschwistern im Glauben, aber auch mit unseren nichtmuslimischen Freunden und Nachbarn zusammen zu kommen, und die spirituellen Facetten, die der Ramadan und seine ihm eigenen Gottesdienste bei uns eröffnet haben, auch zu zeigen und gemeinsam zu leben.

Der Ramadan bedeutet auch dieses Jahr wieder nicht nur Fasten und gottesdienstliche Handlungen, sondern bringt uns auch dieses Mal wieder Selbstbeherrschung, Reinigung und Läuterung, lässt uns reifen, danken, lehrt das Teilen, uns der Gaben unseres Schöpfers wieder bewusst zu werden, die Geduld zu entdecken, zu einem sozialen Miteinander zu finden sowie noch eine ganze Reihe anderer individueller und gesellschaftlicher Momente.

Diese besondere, spirituelle Atmosphäre des Ramadan, sie möge uns Muslimen in Deutschland und der Gesellschaft, in der wir Leben und dessen Teil wir damit sind, Wohl bringen und der Ramadan ihnen allen gesegnet sein.

Prof. Dr. Ali DERE

Vorsitzender DITIB-Dachverband

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